UNiTE - Say No to Violence Against Women
Gewalt an Frauen und das Taboo der Schande
Every 25th of the month is Orange Day |
Sexuelle Übergriffe, Gewalt gegen Frauen und Kinder,
psychologische Demütigungen, der Landkreis Kronach macht keine Ausnahme. „Wir
leben nicht in einer Traumwelt“; äußerte Gleichstellungsbeauftragte Margit
Friedrich. Viele wüssten davon nichts oder schauten einfach weg. Dadurch werde
bei den Betroffenen oft ein gewisses Schamgefühl ausgelöst. „Frauen tendieren
dazu die Schuld bei sich zu suchen. In einem kleinen Landkreis wie Kronach, wo
Anonymität fehlt, sind das heikle Themen, die mit Angst und Scham beladen
sind“, erklärte sie. Ihre Aufgabe sei auch für solche Themen zu
sensibilisieren.
„Gewalt gegen Frauen zieht sich durch alle Bereiche des
gesellschaftlichen Lebens und hat viele Gesichter, sie zeigt aber immer ein
Merkmal: Gewalt verletzt die Menschenwürde“; fügte sie an. Belästigungen,
allgegenwärtige Verfügung über Frauen und Mädchen, Degradierung zu
Gegenständen, Gewalt in der Ehe und sexueller Missbrauch, auf
unterschiedlichste Art finden häusliche Aggressionen ihren Ausdruck in der
Gesellschaft. Etwa jede Viertelstunde wird in Deutschland eine Frau geschlagen
– oft von ihrem eigenen Mann und Einmal täglich kommt es zu einem Tötungsfall
wegen Trennung.
Häusliche Gewalt durch den Ehemann werde häufig
verschwiegen, da das Eingeständnis, sich und anderen gegenüber, dass die eigene
Ehe nicht glücklich verläuft schwer falle, so Margit Friedrich. „Sie fühlen
sich für den Zusammenhalt in der Familie verantwortlich.“
Wichtig sei jedoch die Einsicht, dass es nicht irgendwo in
Deutschland, weit weg, passiert, sondern hier und überall. Im gesamten
Regierungsbezirk Oberfranken sei es 2007 zu 1479 Fällen häuslicher Gewalt
gekommen, äußerte Susanne Mechthold von der polizeilichen Beratungsstelle für
Frauen und Kinder. „Allein 47 davon waren Körperverletzungsdelikte. Wir wissen
aber, die Dunkelziffer ist bei Weitem höher. Viele Frauen schaffen es erst nach
fünf bis sieben Jahren sich aus der Gewaltspirale zu befreien“, fügte sie an.
„Häusliche Gewalt ist kein Einzeldelikt, sondern ein Seriendelikt. Vielleicht
beginnt es mit Beleidigungen, Drohungen und steigert sich hin bis zur
Körperverletzung und sexuellen Übergriffen.“ Zu Beginn sei es oft so, dass
Frauen glauben es würde besser, meinte Margit Friedrich. „Sie arrangieren sich
damit.“ Die Gewaltspirale drehe sich aber immer weiter und schneller. Die
Übergriffe würden sich häufen und wiederholen.
Speziell Gewalt gegen Frauen scheint noch zur Normalität zu
gehören.
Opfer fühlten sich oft schuldig, tabuisieren und verdrängen
das Geschehene, fügte Kriminalhauptkomisarin Mechthold hinzu. „Selten suchen
Frauen von außen Hilfe. Sie schaffen es nicht von sich aus um Hilfe zu bitten.“
Frauen mit Mirgrationshintergrund mit anderen religiösen Wertvorstellungen
würden deutlich weniger, nur in extremen Notfällen den Kontakt zu ihr suchen,
erklärte die Gleichstellungsbeauftragte.
Frauen werden von ihren Lebensgefährten eingeschüchtert,
bedroht, getreten und mit Messern traktiert. In einigen Gerichtsverhandlungen
wurden erst in diesem Jahr eine Urteil gesprochen. Die Lebensgefährtin oder
Ehefrau ist oft verängstigt und sagt als Zeugin nicht mehr vor Gericht gegen
ihren Peiniger aus.
Ist bereits eine Gewöhnung an Gewalttaten eingetreten? Kann
unsere Gesellschaft Frauen nicht mehr differenzieren zwischen Werbeobjekt und menschlichem Wesen? Die Degradierung beginnt schon in den Medien, die Frau als Objekt, an der man Besitzrechte beanspruchen kann.Kleine Mädchen wachsen mit Bildern von extrem schlanken
Mädchen in kurzen Röcken knappen Oberteilen und dicke Schichten von Make-up
auf. Ihnen wird von klein auf probagiert, nur wenn ihr auch so ausseht, euch so
gebt, könnt ihr heute erfolgreich sein.
Unser Frauenbild wird von den Medien verzerrt, verbogen und
verfälscht. Denn ob aller Anstrengungen, die oft genug in Extremen, wie
Anorexie oder Bulimie, ausarten, gibt es keine Perfektion. Nicht einmal einer
von außen glücklich wirkenden Ehe. Der Beobachter gewinnt nur eine
Momentaufnahme.
Die Gefahr selbst ins alte Rollenverhalten zurückzufallen
bestehe immer, meinte Margit Friedrich. Frauen haben in ihren Qualifikationen
aufgeholt und sind oft sogar besser qualifiziert als ihre männlichen Kollegen,
pragmatisch, stresserprobt und selbstbewusst. Eigenschaften, wie Flexibilität
und Multitasking-Fähigkeit, die als „typisch weiblich“ eingestuft werden, sind
besonders gefragt. Die Emanzipation hat manche Männer verunsichert und in
Bedrängnis gebracht. Aber kann man wirklich von einer Krise sprechen? Beinahe
wie ein roter Faden schlängelt sich das Leitmotiv der „neuen, männlichen
Schwäche“ und der „weiblichen Übermacht“ durch die Medien. Paradox ist
allerdings an diesen Verlautbarungen, die gleichzeitige Degradierung der Frauen
zum bloßen Objekt. Scheinbar ist das Geschlechterverhältnis gestört.
„Wahre“ Gleichberechtigung ist auch im 21. Jahrhundert noch
nicht erreicht, aber heute ist es keine ferne Utopie mehr. Frauen, die sich
nicht angepasst haben, darunter große Namen wie Hedwig Dohm und LouiseOtto-Peters, nutzten ihre Gelegenheiten, sodass der „modernen“ Frau sämtliche Handlungsfelder
erschlossen sind und sie Freiheiten genießen kann, von denen ihre Groß- und
Urgroßmütter noch nicht einmal träumen konnten. „Es hat sich viel getan, aber
es gibt noch viel mehr zu tun“, schloss Gleichstellungsbeauftragte Margit
Friedrich.
UNiTE To end Violence against Women: http://www.un.org/en/women/endviolence/orangeday.shtml
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