Halb Opfer, Halb Mitschuldige, Wie Wir Alle (Sartre)


Die Frau und das Recht


Es ist ein gutes Prinzip, das die Ordnung, das Licht und den Mann geschaffen hat, und ein böses Prinzip, das das Chaos, die Finsternis und die Frau geschaffen hat. (Pythagoras)

Das Weib ist Weib dadurch, dass ihm bestimmte Eigenschaften fehlen. (Aristoteles)



Für zwei Wohltaten, Dank den Göttern: die erste, dass sie mich frei und nicht als Sklaven erschaffen haben, die zweite, dass ich ein Mann  und keine Frau geworden bin. (Platon)



Wir müssen das Wesen der Frauen  als etwas natürlich Mangelhaftes sehen“ (Thomas von Aquin)



Welches Unglück, ein Web zu sein! Und doch liegt das größte Unglück darin, dass das Weib es nicht fasst.  (Kierkegaard)


So oder so ähnlich sprachen einige der größten Gelehrten, zweifelsfrei weise Männer von den Frauen.

Simone de Beauvoir vermerkte dazu beißend:Alles was von Männern über Frauen geschrieben wurde, muss verdächtig sein, da sie zugleich Richter und Partei sein“ sagte im 17. Jahrhundert Poulain de la Barre, ein kaum bekannter Feminist. [...]
„Da es Männer waren, die die Gesetze gemacht und zusammengestellt haben, begünstigen sie ihr Geschlecht und die Rechtsgelehrten verkehrten die Gesetze in Privilegien.“[1]
Seit dem Altertum war die Frau nahezu rechtlos unter der Gewalt des Vaters, Bruders oder Ehegatten auch die christliche Kirche verbesserte die Stellung der Frau in der Gesellschaft nur wenig. So galt sie doch als „Gefäß der Sünde“ die langläufig bekannte Rede „Per mulierem culpa successit" (Durch die Frau entstand die Sünde)
Die katholische Kirche ging gar so weit,  die Frau als „verfehlten Mann“, ein „zufälliges Wesen“ zu degradieren
Im Mittelalter wurde die Frau zu einem sozial-ökonomischen Problem, es kam zu einem Frauenüberschuss bedingt durch Kriege, Suchen, Zölibat, doch brachte es ihr auch eine beträchtliche Position im Wirtschaftsleben die sie bis 1650 behaupten konnte.
Erst in der Neuzeit wurde der frühere Rechtsstatus aberkannt, Abhängigkeit  und Unzufriedenheit, Unterwürfigkeit  bestimmten von nun an das Leben der Frau.

„Gesetzgeber, Priester, Philosophen, Schriftsteller und Gelehrte haben alles eingesetzt, um zu beweisen, dass die Unterordnung der Frau im Himmel gewollt und für die Erde nützlich sei. Die von den Männern geschaffenen Religionen, spiegeln denselben Herrschaftswillen wider: Aus den Legenden von Eva und Pandora haben sie Waffen geschmiedet. Sie haben sich die Philosophie und die Theologie dienstbar gemacht, wie aus den zitierten Sätzen von Aristoteles und Thomas von Aquin zu ersehen ist. [...]
Erst im 18. Jahrhundert nehmen sich überzeugt demokratisch denkende Männer dieser Frage objektiv an.
Schon damals wurde der Begriff Feminismus gelegentlich gebraucht, er bezieht sich vor allem auf den Dualismus der Geschlechter, wobei das erklärte Ziel die Beseitigung des Patriarchats unter besonderer Betonung der weiblichen Wesensart ist.
Die Französin Olympe de Gouges formulierte 1789,dem Vorbild der Menschenrechte entsprechend, Forderungen nach einem aktiven und passiven Wahlrecht  und die Zulassung zu öffentlichen Ämtern.
Der Typus  des „gelehrten Frauenzimmers“ war groß in Mode gekommen, literarische Salons wurden gegründet, Frauenbibliotheken, die das Material für die tägliche Arbeit zur Verfügung stellen und auch die Schriften der weiblichen Literaten für die Zukunft archivieren sollen.
Auch die Schriften von Mary Wollstonecraft (Vindication of women’s rights“)  oder von Hippel (Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber), sowie „The subjection of women“ von John Stuart Mill, beeinflussten die Frauenbewegung, formten ihre Ziele. Sie wurden bestärkt für Bildungsmöglichkeiten, freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit, politische Rechte, Arbeit unter menschlichen Bedingungen zu kämpfen.
Nach Jahrhunderten der Unterdrückung musste zwangsläufig die Frustration über Hand nehmen, nicht nur das stets Männer erklärten, was „fein“, „schicklich und „weiblich“ war, auch  der Umstand  einer von Doppelmoral geprägten Gesellschaft, führte schlussendlich zum Aufbegehren der Frau.

Dennoch, es herrschte Uneinigkeit unter ihnen, gar hassten sie einander. Und insofern ist Bebels Vergleich der Frauen mit dem Proletariat begründet, da letzeres ebensowenig eine organisierte Gemeinschaft bildete.
Die Bewegung spaltete sich in viele Untereinheiten auf, hier nur die zwei wichtigsten bürgerlich und proletarische Frauenbewegung
„Eines, aber, hatten Königin, Professorin und Dienstmädchen gemeinsam: Vor dem Gesetz [...] standen sie auf gleicher Stufe mit Kindern und Schwachsinnigen.“
Ihre Herkunft und Stand war differenziert, so auch ihre Ziele

Im Bürgertum war die Frau ein „häuslicher Engel“, schüchtern, unwissend, eine elegante junge Dame, die ihre Zeit mit rauschenden Festen vertreibt, unermüdlich, Wohltäterin, schwach. Das paradoxe daran: so sollte sie doch auch eine belesene Gesellschafterin sein, doch wie hätte sie dies ohne Erziehung bewerkstelligen sollen.

Die proletarische Frau stand im scharfen Gegensatz dazu. Sie war eine Arbeiterin, vielleicht eine Kohleträgerin im Bergwerk oder eine Prostituierte, womöglich an Syphilis erkrankt, gar eine verhungerte Jungfer.

Die Öffentlichkeit gab den Rahmen vor und etwas anderes durfte es nicht geben. Dennoch klaffte zwischen Ideal und Realität eine Kluft die beständig wuchs.
Die kostbare Zierde des Mannes begann sich langsam, obgleich sie an allen Fronten auf Widerstand stieß, zu emanzipieren.

Die Sufragetten, der radikalere Zweig, traten in Hungerstreiks auch gingen bei Demonstrationen Scheiben zu Bruch und Briefkästen in Flammen auf. Sie forderten absolute Gleichstellung mit dem Mann. Radikale Feministinnen beanspruchten sogar die Ablösung des Patriarchats durch eine Frauenherrschaft (Matriarchat)

Der, durch LOUISE OTTO-PETERS und  AUGUSTE SCHMIDT 1865 gegründete, „Allgemeine Deutsche Frauenverein“, hatte schon im Zuge der Märzrevolution von 1848 begonnen Forderungen nach Mündigkeit und Selbständigkeit zu stellen. Besonders bürgerliche Frauen, Gattinnen prominenter Demokraten, wie MATHILDA FRANZISKA ANNEKE und AMALIE STRUVE glaubten die Revolution verhelfe ihnen zu ihren Rechten, doch hält man sie auf Distanz. An den Debatten, welche in der Paulskirche geführt wurden, sind Frauen nicht beteiligt, auch werden zwar Grundrechte ausgearbeitet, jedoch wird über die gesellschaftlich prikären Themen: Gleichberechtigung, berufliche Emanzipation und Liebe ohne Ehezwang, nicht diskutiert.
Der ADF machte sich besonders für  das Recht auf Bildung und Erwerbsarbeit für bürgerliche Frauen stark, da sie bis zu diesem Zeitpunkt nur Lehrerin werden konnten.
HELENE LANGE, eine unermüdliche Kämpferin, Führerin des gemäßigten Flügels und Symbolfigur der Frauenbewegung wirkte mit der Gründung verschiedener Institute für Mädchen, wo sie selbst als Pädagogin tätig war. Dort sollte Mädchen Bildung und Erziehung ermöglicht werden, was ausgleichend zwischen den Geschlechtern wirken sollte. Sie veröffentlichte auch die „Gelbe Broschüre“ und zusammen mit ihrer Lebensgefährtin GERTRUD BÄUMER „das Handbuch er Frauenbewegung“ sowie die Zeitschrift „Die Frau“.
HEDWIG DOM, eine Mitbegründerin des Frauenvereins Reform schrieb 1876:„Was ist ein Neger ? Was ist ein Jude? Was ist eine Frau? Unterdrückte Menschen. Unterdrückt von wem? Von ihren Brüdern, die stärker sind als sie.“
Aus marxistischer Sicht, strebt die bürgerliche Frauenbewegung eine Stärkung des Kaptitalismus an und die Gleichstellung in allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens (Abitur, Universitätsstudium, Berufstätigkeit) und das Ideal der Mutterschaft.

Diese bescheidenen Ziele waren nicht genug für die, im Gegensatz dazu stehende, Sozialistische Frauenbewegung: So kämpfte CLARA ZETKIN für die Fabrikarbeiterinnen und die Belange des Proletariats, dieser Zweig der Frauenbewegung war in die der sozialistischen Arbeiterbewegung integriert,  die auch Gleichstellung der Geschlechter auch in ihrem politischen Programm aufgenommen hatte, sie wollte ihre Ziele durch Revolution erreichen. Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Mutterschutz und einen Ausgleich der Löhne, da Arbeiterinnen im Gegensatz zu ihren männlichen  Kollegen durchaus unterbezahlt waren, stand im Zentrum ihrer Bestrebungen.  Sie trat energisch für das Frauenwahlrecht ein, wie ihre bourgeoisen Schwestern, trotzdem konnte sie ihre Bestrebungen für „berufliche Emanzipation“ nur belächeln. Sollte die Frauenfrage vor der Klassenfrage kommen? Nein, würde das kapitalistische System abgeschafft werden, käme es auch zur Befreiung der Frau.
Die radikale Linke sozialistische Demokratie  fand eine weitere Vertreterin in ROSA LUXENBURG, sowohl im Kurs der Gewerkschaften, der parlamentarischen Kompromissbereitschaft der SPD, wie auch zum diktatorischen Zentralismus Lenins.

Und doch existieren Berührungspunkte z. B. mit der von HELENE STÖCKER 1905 ins Leben gerufenen Mutterschutzliga, die eher eine radikale Position innerhalb der bürgerlichen Bewegung vertritt. Es wird offen über die Beziehung zwischen Mann und Frau disputiert, Aufklärung über Verhütung, Anerkennung einer standesamtlichen Trauung und staatliche Hilfe  für ledige Mütter wurden ebenso publik.

1894 schlossen sich unterschiedliche Frauenvereine  zum Bund Deutsche Frauenvereine BDF zusammen, der sich dem, 1888 gegründeten, International Council of Women anschloss.

Bildung, feie Berufswahl blieben weiterhin zentrales Thema.  So konnte sie auch zu Beginn des 20. Jhdts. wichtige Erfolge verzeichnen.
Das Immatrikulationsrecht  zwischen 1900 und 1909, 1920 das Habilitationsrecht
und ab 1902 kämpfte auch die bürgerliche Frauenbewegung d.h. der radikalere Flügel ANITA AUGSPURG; LINDA GUSTAVA HEYMANN UND MINNA CAUER, für politische Gleichberechtigung.
Im Zuge der Ausarbeitung eines Bürgerlichen Gesetzbuches um die Jahrhundertwende, kam es auch zur privatrechtlichen Verbesserung der Stellung der Frau.
Ab 1882 konnte sie ihr Vermögen selbst verwalten und seit 1886 war sie, im Falle einer Scheidung, für die Kinder Erziehungsberechtigte. Dennoch wurde der konservative Wert der Ehe nicht angetastet, sodass die Stellung der ledigen Mutter und die Abtreibung innerhalb des BDF zu Streitigkeiten zwischen konservativem Flügel der Reformbewegung, was zu einer Spaltung führte, die sich erst im ersten Weltkrieg manifestierte.

Die Frauenbewegung wurde von vielen als „unweiblich“ und „verwerflich“ angesehen sogar die Weiblichkeit sah man in Gefahr, gefolgt von der Ermahnung „Seid Frauen, bleibt Freuen, werdet Frauen.“
Schon sehr früh formierte sich eine Gegenbewegung, das „Ewig Weibliche“ nach dem Leitspruch: „Dem Manne der Staat, der Frau die Familie“,  zu erkämpfen. 1852 erklärte z.B. der Komponist Richard Wagner „Ein politischer Mann ist widerlich, ein politisches Weib aber grauenhaft.“ Der Antifeminismus wurde u.a. auch von Kirchen, Parteien und Berufverbänden unterstützt, sodass die Ansprüche bis weit ins 20. Jahrhundert abgewiesen wurden.
Doch stellt sich die Frage in welchem Namen man sie verdammte: despotischer Heldenkult, phallischer Stolz, hartnäckigem Optimismus,der die Frau als Magd des Herrn darstellte, Hochmut, Vermessenheit, Ego.

In der Zeitschrift „DER SPIEGEL“ bemerkte 1999 zu dem Thema: „Ehrgeizig sind die Damen, pragmatisch, stresserprobt, meist hoch qualifiziert und selbstbewusst. Ihr Schicksal nehmen sie selbst in die Hand. Sie wollen  Selbstverwirklichung, sie wollen Erfolg, sie Wollen Einfluss und sie wollen das alles zu ihren Bedingungen. Nahm sich die Frauenbewegung vor 30 Jahren  vor, das Patriarchat abzusachffen, so ziehn die Frauen von heute die Unterwanderung des Systems vor : Still und zäh infiltrieren sie die Staltstellen der Mach in Wirtschaft und Politik[...]“
Und doch hat es über 100 Jahre gedauert und zwei Weltkriege mussten ausgefochten werden, bis eine Frau in Deutschland Bundeskanzlerin wurde. So heikel das Thema auch sein mag, ohne diese Kriege hätte die Frauenbewegung diesen Schub nicht erhalten, da schon während des letzten Krieges Frauen auch die Arbeit ihrer Ehemänner übernehmen mussten.
Wir dürfen dankbar sein, besonders für diejenigen, die sich nicht angepasst haben, Die Hoffnung, die von diesen und anderen Frauen entfacht wurde, war nur schwach  in der Dunkelheit, doch gänzliche wurde diese Flamme nie erstickt, für Frauen die stark genug waren, gab es Gelegenheiten,  sodass heute die moderne Frau im Okzident sämtliche Handlungsfelder für sich erschlossen hat und ihre  Freiheiten genießen kann, von denen ihre Großmütter und Urgroßmütter nicht einmal träumen konnten und in anderen Teilen der Welt  noch heute unerreicht sind.



 Weitere Information und Zitate aus:

de Beauvoir, Simone; „La deuxième Sexe“ 1949, Librairie Gallimard, Paris
Utrio; Kaari „Evas Töchter Die Weibliche Seite der Geschichte“
Brockhausenzykolpädie 17. Auflage
Der Spiegel 22.11. 1999


[1] de Beauvoir, Simone; Das andere Geschlecht Sitte und Sexus der Frau

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